48.
Domenica: Portsmouth – Les Saints: Terre-de-Haut
„Ankeralarm die II.
und III.“
In der
Prince Ruperts Bay ankerten zu unserer Freude schon einige bekannte
Boote, wie die Norweger SPIRIT
und Jan & Margret mit ihrer
SENTINENTEL und wir warfen unser Ankergeschirr dazwischen aus. Am
zweiten Tag machten wir mit einem Guide eine Bootstour in den Indian
River,einem Unesco Weltkulturerbe, sehr lehrreich und schön.
Tags
darauf wanderten wir im Cabrits Nationalpark umher und bewunderten
alte Kanonengeschütze und Festungen der früheren britischen
Kolonialmacht. Nachmittags zog ein frischer ablandiger Wind auf und
mit jeder dicken Regenwolke, die aus den Bergen kam, nahm der Wind
zu. Wir sassen abends gemütlich und noch nichts ahnend bei Hans &
Tonja von der SPIRIT an Bord. Irgendwann, die Kinder waren vom
Lego-Spielen und Comic-“Lesen“ zusammen mit den SPIRIT-Kindern
geschafft und kurz davor, auf unseren Schössen einzuschlafen,
passten wir eine Regenpause ab, um in unser Schlauchboot zu steigen,
die 50 m zu MULINE zu düsen und uns alle ins Bett zu bringen.
Wohlweislich hatte Christoph vorher noch den Ankeralarm aktiviert.
Der Wind hatte inzwischen so zugelegt, dass ich zum Glück schon
einen unruhigen Schlaf hatte und meine Ohren die pfeifenden
Wind-Geräusche schon immer mal sondiert hatten. Und gegen 1:00 Uhr
nachts war es dann so weit: Es piepte! Ich stürzte hinter dem Käptn
den Niedergang hoch und eigentlich geschah alles gefühlt in einer
Sekunde. Ich erblickte im Dunklen, DIREKT neben uns den Bug unseres
Nachbarn. Und konnte mich grad noch fragen, wer hier die treibende
Kraft sei. Im gleichen Moment packte ich den Bug auch schon, da er
unser Bimini-Segel abzureissen drohte und drückte uns (oder ihn?)
weg mit aller Kraft. Derweil Christoph den Motor startete und schnell
die Festbinder vom Steuerrad löste und den Vorwärtsgang einlegte.
Puh! Nochmal Glück gehabt! Das Anker-aufhol-Manöver war recht
schwierig, da wir ja zwei Anker „in Reihe geschaltet“ hatten und
ich, derweil Christoph vorn sich mit dem Hochziehen abrackerte, das
Boot trotz heftigster Böen mit der Nase im Wind halten und seine
Kommandos (in Zeichensprache, Zuruf hätte keine Chance bei der
Entfernung, Motor- und Windgeräuschen) ausführen musste. Zum Glück
passierte uns das nicht in den Anfängen unserer Anker-Laufbahn, so
dass wir das gut bewältigt haben und die Anker nochmal neu
ausgebracht haben. Die Kinder bekamen von alldem nichts mit und
schlummerten selig in ihrer Koje. Nach einer Weile waren wir
überzeugt, dass wir wieder fest waren, trauten uns aber nicht,
wieder ins Bett zurückzukehren. Der Schreck sass uns noch in den
Gliedern. Christoph machte den Anfang mit Ankerwache, hiess, das
Nachtlager draussen aufschlagen und ich löste ihn gegen 5:00 Uhr
morgens ab. Während der gesamten Nacht und auch tags darauf nahmen
die Böen nicht ab und peitschten wie verrückt das Wasser aus der
Bucht hinauf aufs Meer. Windstärke in Spitzen 40 Knoten bzw. 8
Beaufort! Unsere Anker hielten aber zum Glück. Links und rechts von
uns drifteten einige Boote ab und wir vernahmen ums ein oder andere
Mal warnende dreimal-tutende Signalhörner.
Eine Segelyacht trieb
sogar schon recht weit draussen am Horizont, samt mitgerissener
Mooringtonne und unbemerkt vom abwesenden Eigner, wurde aber von
anderen Seglern und wachsamen Einheimischen geentert und
wieder in die Bucht gebracht. In dieser Bucht gab es übrigens eine
tolle Sache, eine Handvoll Einheimische haben einen Verein zum Schutz
der Segler gegründet und bieten umfassenden Yachtservice, diverse
gute Touren und zur Finanzierung ein sonntägliches BBQ an.
"...schon gemütlicher geankert..." |
Wir
stellten, inzwischen wieder belustigt, fest, dass wir, als wir das
letzte Mal (in Morro Jable auf Fuerteventura) eine
Anker-Schreckens-Nacht hatten, auch vorher an Bord der SPIRIT sassen.
Was für ein Zufall! Oder hatte Emil etwa was damit zu tun? Er
gestand uns nämlich, am Mast gekratzt zu haben. Und das bedeutet
unter Seglern, Sturm.
Strandgut |
Der
anhaltende Wind hielt uns noch einen Tag länger in der Bucht.
Eigentlich wollten wir wieder weiter, nach Les Saints, warteten aber
etwas ruhigere Bedingungen ab.
Derzeit
ist es hier in der Region über Gebühr windig. Auch PAROYA, die uns
schon etwas weiter voraus sind, berichteten uns von einem gekenterten
Katamaran auf ihrer Tour, abtreibenden Yachten und ihren wegen Wind
und Wellen durchkreuzten Plänen. Einmal sind sie nichtsahnend von
ihrem schönen Landausflug zurückgekehrt und entdeckten ihr Boot
etwas weiter draussen. Es trieb Richtung offene See samt 13jährigem
Sohnematz, der davon nix mitbekommen hat. Eine andere Yacht hatte ihren Anker gelichtet und deren dabei mit herausgerissen. Mit ihrem
Schlauchboot und Vollgas konnten sie es aber wieder einholen. Auch
ein Erlebnis.
Zurück
zu uns! Der Wind nahm dann doch ab und somit stand unserer
Weiterfahrt gen Norden, nach Les Saints nichts mehr im Wege. Es waren
ja nur 18 Seemeilen, die wir in ca. 4 Stunden bewältigt hatten. Eine
hübsche Inselgruppe unterhalb von Guadeloupe empfing uns
wohlwollend. Das die in diesen windigen Zeiten sehr begehrten
Moorings vor dem Städtchen auf der Hauptinsel alle besetzt waren,
scherte uns nicht weiter. So drehten wir eine Ehrenrunde durchs
Mooringfeld und fuhren wieder ein Stückchen zurück und ankerten in
einer anderen hübschen kleinen Bucht. Klein ist das Stichwort und
schon ziemlich belegt mit anderen Seglern. Aber da drängelten wir
uns irgendwie auch noch mit rein. Irgendwann in der Nacht, mein
Schlaf war schon wieder etwas unruhig, nahm ich wieder starke Böen
wahr. Christoph wurde auch mitten aus tieferem Schlaf geholt, hatte
er doch den Gedanken, oh schade, ich muss meinen Traum jetzt
unterbrechen. Wir setzten uns erstmal schlaftrunken im Dunklen in die
Plicht und peilten die Lage. Links und rechts von uns fingen jeweils ein Boot an zu treiben, was zu geschäftigem Treiben bei unseren Nachbarn führte. Irgendwie kamen auch wir unserem Hintermann
kaum merklich ein Stückchen näher....jetzt hiess es erstmal, die
Nerven bewahren. Als wir dann doch auf ca. 5 Meter dran waren, musste
schnell gehandelt werden. Also wieder Motor an und Anker hoch,
hoffen, dass die Kinder vom Motor und Kettengerassel nicht wach
werden und zu allem peitschte uns auch noch ein Regenschauer nass.
Zum Glück waren kurz darauf mit der dicken Regenwolke auch die Böen
wieder verschwunden, die Morgendämmerung brach durch und es kehrte
Ruhe ein. So konnten wir zum gemütlichen Aufwachen mit den Kindern
nochmal in die Kojen kriechen.
Allerdings
war das dann doch noch nicht alles an Aufregung. Bevor wir überhaupt
an ein gemütliches Frühstück denken konnten, stellte der Käptn
fest: Die Toilette ist mal wieder verstopft! Und somit hatte er mal
wieder alle Hände voll zu tun, was der guten Laune
verständlicherweise sehr abträglich war. Ich verzichte jetzt auf
Details, die Quintessenz aber ist, da gehört kein Fitzelchen Klopapier
mehr rein.
Als
ich mich mit den Kindern an Land begeben wollte, um dem
Sanitärmeister Platz zum Arbeiten zu schaffen, stellte ich fest,
dass das lose Ende der Festmacherleine vom Schlauchboot völlig
stramm unter unserem Rumpf Richtung Schraube verschwand. Was ein
neuer Schreck. Und wieder einmal Glück. Sie hatte sich nur um die
Welle vor der Schraube gewickelt, höchstwahrscheinlich bei unserem
letzten Not-Anker-Manöver, war aber auch leicht
wieder zu lösen. Halleluja – noch mal gut gegangen! Wie so oft das
Motto in unseren letzten Tagen...
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