52.
Puerto Rico: Puerto Rico - Vieques; U.S.V.I.: Water Island
„Sperrgebiete -
Piratenalarm – Gewitter – Kopfläuse: die Zeit läuft ab in der
Karibik“
Gleich
nach dem frühmorgendlichen Ablegen unserer Stegnachbarn PAROYA und einem
gemütlichen Frühstück widmeten wir uns unserem Haushalt mit Deck schrubben und abspülen und Wäsche waschen. Als die Kinder
ihren Mittagsschlaf hielten, besorgten wir uns flugs ein Mietauto.
Schön
war`s – unser Ausflug (mal ganz ungewohnt, so schnell unterwegs zu
sein) - nach San Juan, der puertorikanischen Hauptstadt. Wir haben
uns entschlossen, nicht mehr bis dahin zu segeln, da wir alles
gegenan (gegen Wind und Welle) zurück segeln müssten. Insofern
nahmen wir die Einladung, auf PAROYA zu übernachten, damit wir
ausgiebig die Stadt erkunden können, dankend an.
Wir
strolchten zusammen mit Patrizia, Roger und Yannick durch den
historischen Teil, Old San Juan und meine Kamera lief mal wieder
heiss bei den ganzen bunten Hausfassaden.
Tags
darauf kam abends der grosse Abschied und wir stiegen wieder ins
Auto und düsten zurück nach Fajardo zur MULINE, die treu auf uns in
der Marina gewartet hat.
Der nächste Tag war ein komischer mit Abhängen auf dem Schiff. Nur wir vier. Ganz ungewohnt. Hatten wir uns doch an die nette Gesellschaft der PAROYA-Crew gewöhnt. Hinzu kam noch eine Unpässlichkeit des Käptn`s ob der ganzen Klimaanlagen hier. Gefährlich für uns Frischluftgewöhnte.
Insofern
fiel uns der Abschied von Puerto Rico nicht mehr schwer und wir
setzten die Segel Richtung Vieques, einer vorgelagerten Insel, die
dünn besiedelt ist, ein ehemaliger US Navy-Stützpunkt war
und von Seglern noch
nicht überlaufen ist (was erstmal vielversprechend klingt).
In der
Mosquito Bay – ja, wir liessen uns vom Namen beeindrucken und
behängten schnell alle Luken mit Netzen, ankerten wir mit Heckanker,
um nicht quer zum Schwell zu liegen und bei wenig Wind auf die nahen
Klippen zu treiben.
Dort
gab es eine sogenannte Biolumineszenz-Lagune. Zusammen mit den
Besatzungen von zwei Katamaranen, die mit uns in der Bucht lagen,
stiegen wir als es dunkel war, so gegen 20:30 Uhr in unsere Dinghis
und fuhren los. Das erste Stück konnten wir noch mit Motor fahren,
dann kamen aber unsere Paddel zum Einsatz, weil Motoren dort verboten
war. Die Zeit war günstig, es war recht duster, da kein Mond schien.
Herrlich, über uns funkelten die Sterne und je weiter wir in die
Lagune vordrangen, umso leuchtender wurde das Wasser bei jedem
Paddelstich. Es gibt da jede Menge Plankton, was im Dunkel
phosphoresziert und glitzert. Sogar Fische konnte man sehen, da sie
genauso funkelten beim Schwimmen. Die Herren liessen es sich
nicht nehmen, ins Wasser zu leucht-zu-pullern. Nur fotografieren
liess sich das Spektakel nicht so gut.
Inzwischen haben wir,
angeregt durch den Blog der AMAZONE (www.unsereauszeit.de), eine
ToDo-Liste erstellt, denn das Datum der zweiten Atlantiküberquerung
rückt näher. Wichtige Punkte sind z.B. Motorwartung, Mast- und
Fallen-Kontrolle, Unterwasserschiff putzen für die maximale
Geschwindigkeit, die Stauliste aktualisieren (besonders die
Lebensmittel, will doch nicht ständig angefragt werden, wo was zu finden
ist), ein Menüplan für die Überfahrt, was heisst, dass ich mir ca. 20
machbare (Männer-Crew!) Gerichte einfallen lasse. Wobei es auch nur
maximal die ersten drei/vier Tage Frischfleischgerichte geben kann, weil
es sich nicht länger im Kühlschrank hält.
Ausserdem
muss ich noch ein paar Schapps freiräumen für die neue Crew. Bloss
wohin mit den ganzen Sachen? Den Vorschlag, alles in der Backskiste zu
verstauen, muss ich nochmal überdenken.
Wir
hatten zum Glück noch etwas Zeit auf Vieques, bis wir wieder in St. Thomas sein
müssen für den Crew-Wechsel, so dass wir gemütlich in kleinen
Etappen von Bucht zu Bucht motoren konnten.
Nun
ja, die Einsamkeit und das Nichtvorhandensein von Eisläden,
Bierquellen und anderen Seglern konnten wir nach einigen Tagen nicht
mehr so geniessen. Die letzte Bucht am südöstlichen Zipfel (in
Navionics als Ankerplatz ausgewiesen) hatten wir dann ganz allein für
uns. Sie sah postkartenmässig aus, langer weisser Strand, türkises
Wasser, Palmen. Und sonst nüschte. Nur lauter grosse Schilder am
Strand. Als wir mit dem Schlauchboot anlandeten, konnten wir die
Warnhinweise vor liegengebliebener Munition gut lesen. Deshalb sind wir mit etwas mulmigem Gefühl nur eine kleine Runde gelaufen. Dann bleiben wir nur die eine Nacht, wo wir schon mal hier sind. Der Anker war ja schon eingegraben und es ist nichts explodiert.
Um es
spannender zu machen, tauchte kurz vor Sonnenuntergang ein Motorboot
mit O-Ton Christoph „vier schwarzen Männern“ auf und ankerte am
Strand. Wir vermuteten gleich erstmal das uns Naheliegende und
beobachteten sie. Piraten? Schalteten das Funkgerät ein und überprüften die
distress-Taste, mit der man per Knopfdruck einen Notruf absetzen kann
und versteckten iPad und Laptop zwischen der Wäsche. Ich hatte mich vor kurzem
über die Webseite noonsite über aktuelle Fälle von Piraterie
informiert und da gab es aus Vieques nichts zu berichten. Ausserdem sah es so aus, als ob sie harmlose Conch-Fischer waren. Gut, dann
gingen wir doch schlafen und hofften das Beste.
Nachts
wurde ich geweckt von Christophs geschäftigem Treiben. Schlaftrunken
(ich muss doch ganz gut in den Schlaf gefunden haben) kam ich aus der
Koje und fragte nach. Als erstes wurde ich vom Mastfuss verscheucht,
an dem ich mich nicht festhalten solle. Es blitzte nämlich. Ein
Gewitter zog über uns hinweg. Na super! Unser erstes Gewitter in der
Karibik und wir, der einzige Mast in der grossen Bucht. Zum Glück
gab es kleine Berge drumherum und ein militärisches Gebäude weiter
oben. Christoph packte alle wichtigen Geräte in den Herd und
startete, um im Fall des Falles manövrierfähig zu bleiben, den
Motor. Und für den Rest half wieder die Verdrängungstaktik, heisst,
nicht vorstellen, was alles passieren kann. Nach ca. drei Blitzen und
zugehörigem Donnerschlag war der Spuk vorbei. Okay, jetzt versuchen,
weiterzuschlafen. Und von einer touristisch belebten Bucht mit
anderen Seglern träumen....
Am
nächsten Morgen, die Sonne schien wieder und alles war vergessen,
holten wir den Anker hoch und motorten los, Richtung St. Thomas. Die
zweite Hälfte der 25 Seemeilen kam der Wind nicht mehr direkt von
vorn, so dass wir noch schön mit ca. 6 kn segeln konnten.
Wir
warfen unseren Anker in einer hübschen kleinen Bucht voller
Segelboote vor Water Island. Genau so hatte ich es mir die letzten
Tage erträumt. Und setzten über an den Strand und uns in eine Bar
im Sand mit kühlem Bierchen und genossen das Treiben.
Meine
Kopfhaut juckt – habe ich etwa Kopfläuse? Das muss der Käptn mit
seinen Adleraugen gleich mal überprüfen. Gut, das wäre ein neues
Problem, das es zu lösen gelten könnte – es soll ja auf die
letzten Tage nicht langweilig werden.